12.05. 18 Uhr, Raum 6.01.21
Zum Umgang mit organisierten (extrem)
rechten Erscheinungsfomen an
Hochschulen
Hochschulen sind auf verschiedenen Ebenen mit (ex-
trem) rechten Erscheinungsformen konfrontiert. Allerdings
liegt dazu bislang weder Forschung vor, noch findet eine
breitere Fachdebatte statt, wie die Versuche rechter
Raumnahme erkannt und zurückgedrängt werden könn-
ten. In dem Vortrag werden auf der Basis von Beratungs-
arbeit, kollegialen Informationen und Recherchen,
zunächst verschiedene Handlungen und Studierverhalten
vorgestellt und zu einer ersten Problembeschreibung sys-
tematisiert. Daran anschließend werden verschiedene
Umgangsformen bisherige Fallbeispiele und und ver-
schiedene Umgangsformen vorgestellt. Auf dieser
Grundlage wollen wir in eine Diskussion dazu kommen,
wie mit dem Dilemma des Rechtes auf Bildung auch ex-
trem rechter Student:innen einerseit s und dem Recht auf
ein Studium ohne Diskriminierung, Bedrohung und
Gewalt von Betroffenen extrem rechter Angriffe anderer-
seits umgegangen werden könnte.
Prof. Dr. Christiane Leidinger, Politik- u nd Sozial-
wissenschaftlerin, Professur für Soziologie mit besonde-
rem Schwerpunkt Geschlechtersoziologie an der
Hochschule Düsseldorf.
Prof. Dr. Heike Radva n , Erziehungswissenschaftle-
rin, Dipl.-Soz. Päd./Soz. Arb., Prof essur für Methoden
und Theorien Sozialer Arbeit mit den Schwerpunkten Ge-
meinwesenarbeit und Rechtsextremismusprävention an
der BTU Cottbus.
24.05. 18 Uhr, Raum 6.01.21
Podiumsdiskussion: Kritik an Präventio n
und Derad ik a lis ie rung
Die Extremismusprävention wird als Element der „wehr-
haften“ Demokratie kritisiert, die behauptet, Demokratie
durch ihre Verkürzung zu verteidigen. Für diese extremis-
muspräventive Demokratieförderung sind neue staatliche
Programme aufgelegt worden, die schnell gewachsen
und heute weit besser ausgestat t et sind als Förderpro-
gramme der allgemeinen politischen Bildung. Die Ent-
wicklung wird vor allem von politischer Seite
vorangetrieben und ist dabei vielfach sicherheitspolitisch
angetrieben und symbolisch sowie emotional hoch aufge-
laden. In vielen Facetten ist die auch von einer großen
Zahl zivilgesellschaftlicher Institutionen begrüßte extre-
mismuspräventive Demokratieförderung jedoch sehr am-
bivalent zu beurteilen: Zunächst fußt sie auf einem eher
skeptischen Blick auf die Demokratiefähigkeit der
Bürger:innen, die hier eher als potentielle Gefahr denn
als positive Triebkräfte einer Demokratisierung gesehen
werden. In d en Programmen wird außerdem sowohl mit
Blick auf die Themensetzung als auch bei der Institutio-
nenbildung und der Kontrolle der Projekte sehr stark
staatlich gesteuert. Darüber ist inzwischen eine ernst zu
nehmende demokratietheoretische Debatte entstanden,
ob sich durch diese Fo rm der „Demokratieförderung“ das
Verhältnis von (Zivil-)Gesellschaft und Staat nicht eher
einschneidend und undemokratisch verändert. Was also
oberflächlich betrachtet als positive Entwicklung von En-
gagementpolitik und Zivilgesellschaft gesehen wird,
könnte unter der Hand durchaus postdemokratische Ent-
wicklungen fördern.
Julika Bürgin ist Professorin am Fachbereich Soziale
Arbeit der Hochschule Darmstadt. Ihre Arbeitsschwer-
punkte sind Bildungsforschung und Politische Bildung.
Sie ist Autorin der Publikation „Extremismusprävention
als polizeili-che Ordnung - Zur Politik der Demokratiebil-
dung“.
Benedikt Widmaier ist Politikwissenschaftler, Di rekt or
der Akademie für politische und soziale Bildung der Di-
özese Mainz und Autor der Publikation: „Extremismusprä-
ventive Demokratieförderung“.
07.06. 18 Uhr, Raum 6.01.21
Wer schützt die wehrhafte Demokratie vor
sich selbst?
Es scheint klar zu sein: Die „Lehre“ aus dem Scheitern
der Weimarer Republik ist die „wehrhafte Demokratie“.
Doch die ist seltsam unwehrhaft gegen rechte Parteien &
Co. In Vortrag und Diskussion wollen wir zunächst die
Geschichte der „wehrhaft en Demokratie“ rekonstruieren,
um dann zu prüfen, ob sie den aktuellen Tendenzen der
Rechtsentwicklung etwas entgegensetzen kann oder
nicht selbst Teil des Problems ist. Diese Frage stellt sich
auch angesichts der aktuellen Fälle innerhalb staatlicher
Institutionen wie Polizei, Verfassungsschutz oder
Bundeswehr (NSU, NSU 2.0, der „Hannibal“-Fall). Ent-
steht die Gefahr nicht viel mehr in der Mitte der Gesell-
schaft, in ihren insbesondere exekutiven Institutionen und
durch die Verschiebung der politischen Koordinaten nach
rechts?
Dr. Sarah Schulz ist Politikwissenschaftlerin und promo-
vierte zum Thema „Die freiheitliche demokratische
Grundordnung“. Gerade erschien von ihr und Maximilian
Fuhrmann „Strammstehen vor der Demokratie Extre-
mismuskonzept und Staatsschutz in der Bundesrepublik“,
im Schmetterling Verlag.
28.06. 18 Uhr, Raum 6.01.21
Das radika le Er b e d e r sozialen Arbeit
Soziale Arbeit hat zum einen die Auf gabe , soziale Ord-
nung herzustellen, indem abweichendes Verhalten
kontrolliert und sozial erwünschtes gefördert wird, zum
anderen geht es darum, Selbstbestimmung zu ermögli-
chen. In Deutschland hat sich dieses Doppelmandat von
Hilfe und Kontrolle in mehreren Zyklen als Kompromiss
zwischen verschiedenen Interessengruppen herausgebil-
det: „Zwischen Klassenkampf und Sozialreform“ in den
1920er-Jahren, „zwischen Autonomie und I nt egrat io n“ im
Nachgang der 1968er-Revolte, zwischen Nutzer*innen-
orientierung und Verwaltung heute. In der Rückschau
zeigt sich: die fortschrittlichsten Aspekte Sozialer Arbeit
(z.B. Empowerment, Parteilichkei t, Partizipation, Selbst-
organisierung) wurden in diesen Konflikten von radikalen
Strömungen eingefordert und (zumindest zum Teil) er-
kämpft. Woraus folgt: Radikalität ist wichtig für sozialen
Wandel, sie zu bekämpfen, bedeutet, den Druck, der in
Richtung einer humaneren Gesellschaft aufgebracht wird,
zu mindern und Stillstand herbeizuführen letztlich Herr-
schaft zu sichern und damit nur noch die eine Hälfte des
Doppelmandats, nämlich K ont rolle , auszuüben. Das wie-
derum lässt sich als Teil eines neuen Autoritarismus,
letztlich auch eines wieder erstarkenden Klassenkampfes
von oben deuten. In Anschluss an die Diskussion dieser
These wollen wir bei der Veranstaltung ausloten, wie
sich progressive Sozialarbeiter*innen gegen diese autori-
täre Strategie und für eine kritische Soziale Arbeit organi-
sieren können.
Michel Raab, Koch, Sozialarbeiter und Sozialwissen-
schaftler, beschäftigt sich beim Bildungskollektiv Biko mit
Radikalisierungsprozessen.
Über uns
Wir sind eine lose Gruppe von Studierenden und Lehren-
den, die in die Radikalisierungsdebatte an der FH Erfurt
intervenieren und Einspruch erheben wollen.
Aufgrund mehrerer rechter Vorfälle, entschloss sich die
Fachhochschule, eine Veranstaltungsreihe zum Thema
„Radikalisierungsprävention“ durchzuführen. Wir begrü -
ßen die Bemühungen der Fachochschule ausdrücklich,
halten aber die Art und Weise, wie die Veranstaltungsrei-
he organisiert wurde und wird für kritkwürdig. Des
Weiteren mussten wir feststellen, dass die Veranstal-
tungsreihe ausgerechnet mit der hochumstrittenen Extre-
mismustheorie startete. Denn der Extremismusansatz
beruht auf theoretisch fragwürdigen Prämissen und ent-
hält politisch hochproblematische Implikationen. Der un-
kritische Umgang mit diesem Ansatz sowie die Tatsache,
dass eine offene Debatte und Beteiligung an der Organi-
sierung der Veranstaltungsreihe nicht möglich war, be-
wegt uns dazu, ergänzende Perspektiven zur
Radikalisierungsdebatte einzuladen.
Uns treibt das Bedürfnis, den Raum für eine ehrliche De-
batte zu öffnen und Austausch zu ermöglichen. Die Hoch-
schule sollte ein lebendiger Ort des kritschen Diskurses
sein, wo sich Studierende und Lehrend e miteinbringen
und streiten können. Mit unserer Veranstaltungsreihe „ra -
dikal und demokratisch“ wollen wir unseren bescheide-
nen Beitrag hierzu leisten.
Die Veranstaltungen werden mit der freien Software "Big Blue Button" ins Internet übertragen, der
entsprechende Raum ist am jeweiligen Tag hier (http://radikaldemokratisch.arranca.de) erreichbar.